Weg vom Schreibtisch, rein in die Sportsachen, in die Turnhallen und auf die Sportplätze – in unserer Serie „Sport treiben und darüber schreiben“ testen Tageblatt-Mitarbeiter verschiedene Sportarten und berichten über ihre Erfahrungen. Der zweite Teil dreht sich um Dart: Michael Bohl hat beim Trainingsabend des DC Geyer Gieboldehausen mitgemacht.
Ich stehe mit dem linken Fuß am Rande eine Fußmatte, genau 2,37 Meter vom Ziel, einer Wurfscheibe, entfernt. In meiner rechten Hand habe ich einen Wurfpfeil, den Dart, und versuche ihn auf ein Feld der Scheibe zu werfen, das mir die hohe Punktzahl verspricht. Allerdings ziele ich irgendwie automatisch in die Mitte, aber der erste Pfeil schlägt links auf der runden Scheibe ein, wo er mir aber immerhin noch sieben Zähler einbringt. Der nächste Wurf geht völlig daneben, und mein dritter Versuch landet auch irgendwo anders.
Dart: Steckdose oder Steel? (2:01)
„Stopp!“, ruft Mike Biermann, der Sportwart des Dartclubs Geyer Gieboldehausen, an dessen freitäglichen Trainingsabend im Vereinslokal „Zum weißen Roß“ ich teilnehme. Instinktiv habe ich eine falsche Haltung eingenommen. Rechtshänder müssen den rechten Fuß nach vorne stellen, um einen stabileren Stand bekommen. „Wir wollen nicht weit, wir wollen präzise werfen“, erläutert Biermann, der für die 1. Mannschaft seines Vereins in der Verbandsliga spielt.
Gut, dann versuche ich es so und beherzige dabei auch den Hinweis, dass man beim Dart – im Gegensatz zu den Wurfspielen aus Kinder- und Jugendtagen – nicht unbedingt in die Mitte zielt. Gerade Anfänger sollten lieber nach links werfen, weil die auf dieser Seite markierten Felder im Schnitt die höheren Punktwerte besitzen. Ich peile auch die linke Hälfte der Scheibe, des Boards, an – von den drei Pfeilen, die jeder Spieler jeweils nacheinander wirft, ehe sein Gegner wieder an der Reihe ist, kommen allerdings nur zwei davon halbwegs dort an. Der dritte Dart steckt unterhalb des Zentrums, des Bulls, bringt auch kaum Punkte ein. Für einen Treffer im Bullbereich gibt es 25, ein Volltreffer im inneren Kreis des Zentrums, im Bull’s Eye 50 Zähler.
Zählen ist ohnehin das Zauberwort in dieser Sportart. Man beginnt nämlich mit 501 Punkten und muss sich bemühen, schneller als der jeweilige Rivale die Null zu erreichen und „auszuchecken“. Während Luftgewehr-, Pistolen- und Bogenschützen grundsätzlich in die Mitte drängen, versucht jeder Darter ein schmales Feld mit einer möglichst hohen Punktzahl zu treffen. Oberhalb des Bulls befindet sich der Streifen, der 20 Zähler wert ist. Durchzogen wird dieses Feld von zwei schmalen Streifen, die – sofern man sie trifft – als Multiplikatoren gelten. Ein Treffer im äußeren dieser beiden Streifen sorgt im Fall der 20 dafür, dass aus der 20 zweimal so viele Punkte werden – also 40. Der innere schmale Ring ist das Triple und führt zum Dreifachwert. Platziert man den Dart zwar im Triple, aber versehentlich knapp neben der 20 bei der Eins, werden aus einem Zähler immerhin noch drei Punkte.
Das finde ich einfach verwirrend. Vor allem aber irritiert mich die Tatsache, dass man während des Spiels rechnen muss, wie viele Zähler man noch zum Checkout benötigt, welche Felder man dazu also treffen muss. Der Umstand, dass es dabei rechnerisch wahnsinnig viele Variationsmöglichkeiten gibt, setzt da in Sachen Verunsicherung noch einen drauf. Schließlich habe ich im Abitur doch nur mit Mühe die Fünf verhindert!
Das ist am Ende auch der Grund, worum ich nicht ernsthaft versuche, einen regulären Durchgang zu spielen. Ich quäle mich genug damit, die Darts auf dem Board zu platzieren. An welcher Stelle man das Spielgerät anfasst, ist übrigens egal, wobei die Experten den Neulingen empfehlen, schwerere Pfeile zu verwenden. Biermann: „Die lassen sich besser kontrollieren.“ Und er tröstet mich mit der Erklärung, dass jeder Darter, auch jeder Profi, seine Haltung und Treffsicherheit über Jahre hinweg entwickelt und verfeinert hat. Ich glaube dennoch, dass dieser Sport für mich, insbesondere wegen meiner Rechenschwäche, nichts ist. Die Begeisterung dafür kann ich jetzt aber jedenfalls im Ansatz verstehen.
Von Michael Bohl | 28.04.2011 20:06 Uhr
Foto © Pförtner
Quelle: Göttinger -Tageblatt